Die Straße der Romanik

Frühe Monumente der Frömmigkeit im Elsaß

Text/Fotos: © Franz Roth

Ganz oben im Norden beginnt sie in Wissembourg (Weißenburg) und geht bis in den Sundgau, nach Feldbach, tief im Süden an der Schweizer Grenze. Es ist von der Route Romane die Rede, der Straße der Romanik, entlang deren sich ein Kleinod früher sakraler Baukunst an das andere reiht. Das romanische Elsaß umfasst mehr als 120 kulturgeschichtlich bedeutsame Orte, überall im elsässischen Gebiet verteilt. Es wäre nicht leicht, all diese Kostbarkeiten des frühen Mittelalters vom 11. bis zum 13. Jahrhundert zu entdecken, wären sie nicht entlang der Romanischen Straße, einer der jüngeren französischen Touristikrouten, durch entsprechende Hinweisschilder und Schautafeln gekennzeichnet.

Eigentlich beginnt die Straße der Romanik ja bereits in Rheinland-Pfalz, in Bochsheim, nördlich von Worms, denn es ist ein "Circuit franco-allemand" eine grenzüberschreitende deutsch-französische Touristikroute. Und der Ausgangspunkt im Elsaß, die Église Saints-Pierre-et-Paul, die Pfarrkirche Sankt Peter und Paul in Weißenburg, ist gotisch, außer dem Glockenturm aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Aber nur wenige Kilometer von Weißenburg entfernt, in Altenstadt, heute ein Ortsteil der Gemeinde Wissembourg, finden wir das erste rein romanische Bauwerk an der Strecke, die Kirche St. Ulrich aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Deren Westturm birgt ein bemerkenswertes Portal, dessen reichgeschmückter Sturz aus dem 11. Jahrhundert Seltenheitswert besitzt. Die sieben umrankten Medaillons erinnern an koptische Stoffe und eine Inschrift besagt, dass jeder Besucher der Kirche vor Eintritt erst die Erlaubnis des Abtes Liuthard einholen solle. Das ist heute nicht mehr möglich, denn Liuthard von Weißenburg stand dem Benediktinerkloster Sankt Ulrich in Altenstadt im ersten Drittel des 11. Jahrhunderts vor. Der Innenraum im gedämpften Halbdunkel, durch die bunten Glasfenster von spärlichem Sonnenlicht mystisch erleuchtet, vermittelt noch heute den Eindruck des frühen Mittelalters. Renovierungen oder Restaurierungen früherer Jahrhunderte, sind ebenso wie Barockisierungen, die nach dem Dreißigjährigen Krieg und im Zuge der Rekatholisierung allgemein "en vogue" waren, an Sankt Ulrich vorübergegangen. Aus heutiger Sicht Gott sei Dank, denn so ist uns ein ursprüngliches Sakralbauwerk erhalten geblieben.

Es ist ohnehin ein Indiz dafür, dass die Pfarreien früher wenig Geld hatten, dass die Kirchen weder in der Gotik noch später dem Zeitgeschmack entsprechend verändert worden sind. Denn teure Baumeister oder Freskanten konnte man nicht beschäftigen.

Ein weiteres Beispiel überwältigender Klarheit und Mysthik zugleich ist die aus dem 12. Jahrhundert stammende Église Saints-Pierre-et-Paul in Sigolsheim im Department Haut-Rhin in der Nähe von Kaysersberg, des Geburtsortes des "Urwalddoktors" von Lambarene und Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer. Der erste, heute nicht mehr erhaltene Kirchenbau stammte bereits aus dem 9. Jahrhundert. Die Fassade wurde im 19. Jahrhundert in ihrer ursprünglichen Form wieder rekonstruiert und trägt damit ganz wesentlich zur Gesamterscheinung dieses Sakralbaus bei. Der Kirche von Sigolsheim kommt darüber hinaus ganz besondere Bedeutung zu, denn sie ist das einzig erhaltene historische Bauwerk des kleinen Weinortes, der in den harten Kämpfen des Jahres 1944 beim Vormarsch der Alliierten im Elsaß fast völlig zerstört worden war.

In dieser Kirche ist noch heute erkennbar, dass man zu romanischer Zeit in Gotteshäusern stand, denn es gibt kaum Kirchenbänke. Stühle dienen dem Gottesdienstbesucher von heute als Sitzgelegenheit.

Die Leute von Sigolsheim sind stolz auf ihre alte Kirche und wer sie mit Respekt betritt, dem schaltet die umherhuschende Messnerin, deren Auge nichts in der Kirche entgeht, auch gerne die spärliche Beleuchtung an, die dann etwa die vergoldete gotische Madonna an der Ecke eines Stützpfeilers leuchtend betont.

Nicht überall im Elsaß erfahren die Meisterwerke früherer Epochen den notwendigen Respekt. So wie in der Sebastianskapelle über Dambach-la-Ville, die ebenfalls noch über einen romanischen Turm verfügt. Die dortige Madonna, ein Meisterwerk des späten 15. Jahrhunderts wurde 1999 das Opfer eines Raubes. Nur ein Foto und ein handgeschriebener Hinweis erinnern an sie an ihrem ehemaligen Standplatz. Unversehrt blieb nur die Plastik des Namensgebers der Kapelle.

Wer auf der Straße der Romanik unterwegs ist, muss neben den kulturellen auch die kulinarischen Genüsse nicht entbehren, denn die Route Romane ist über weite Strecken identisch mit der Route des vins d’Alsace, der Elsässischen Weinstraße. Und hier lohnt die Einkehr auch in den kleinen und unscheinbaren Lokalitäten, einer Bier- oder Winstub, um die lokalen Spezialitäten zu verköstigen.

 

 

 

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